/ Januar 18, 2013/ Werkkommentare

Werkkommentar zu Piat-Joseph Sauvage (1744–1818), Napoleon Bonaparte als Erster Konsul, um 1802, Öl auf Leinwand, 69 x 58,5 cm, Museum der bildenden Künste Leipzig, G 180, in Helden nach Maß. 200 Jahre Völkerschlacht bei Leipzig, Ausst.-Kat. Stadtgeschichtliches Museum Leipzig 4.9.2013-5.1.2014, hrsg. von Volker Rodekamp, Leipzig 2013, ISBN: 978-3-910034-18-1

 

g180Der aus dem heute belgischen Tournai stammende Maler Piat-Joseph Sauvage erhielt seine künstlerische Ausbildung an der Akademie in Antwerpen und ging nach einer kurzen Tätigkeit für den Hof der Österreichischen Niederlande in Brüssel nach Paris. Seit 1774 nur Mitglied der Académie de Sain-Luc, wird er 1776 zuerst Mitglied der Akademie in Lille und schließlich 1783 Mitglied der Académie royale de peinture et de sculpture. Damit beginnt seine Karriere als gefragter Portraitist der gehobenen Gesellschaft in Paris und Versailles. Zuerst als ‚premier peintre’ des Prince de Condé und dann des französischen Königs Ludwig XVI. wird er sich auf das Genre des gemalten Basreliefs konzentrieren. Das Ende des Ancien Régime übersteht er trotz seiner Nähe zum Hof, da er sich den republikanischen Nationalgarden anschließt. Unter Napoleon bleibt er ein geschätzter Bildnismaler und arbeitet von 1804 bis 1807 für die Porzellanmanufaktur in Sèvres, bevor er sich ab 1808 wieder in Tournai niederlässt und die dortige Zeichenakademie bis kurz zu seinem Tod leitet.

1802 gemalt, wird Napoleon Bonaparte hier noch als Konsul in Paradeuniform gezeigt. Analog zu einer Büste beschneidet Piet-Joseph Sauvage das Bildnis unter dem Kragen. Er zeigt das Gesicht in einem scharfen, Schatten werfenden Profil, das in dieser Form an antike Reliefbildnisse erinnert. Sauvage benutzt eine Grisaille-Technik, das heißt eine nur Grautönen bestehende Palette, mit der er einem Trompe-l’œil gleich die luzide Materialität von Gemmen nachahmt, einem damals sehr beliebten Mode- und Sammelobjekt.

Durch die Darstellung des Portraits in Nachahmung eines steinernen Basreliefs enthebt Sauvage Napoleon der Lebenswirklichkeit und vermittelt den Eindruck von Dauerhaftigkeit. Mit dem Rückgriff auf eine in der Antike gebräuchliche Darstellungsform ebenso wie mit der in Versalien gesetzten Antiquaschrift, die den General noch mit seinem korsischen Familiennamen „Bonaparte“ bezeichnet, greift Sauvage die Mode des Klassizismus auf und überträgt darüber hinaus noch die Legitimität der antiken Republik auf den – zunehmend diktatorisch auftretenden – Konsul.

Das unsignierte Gemälde galt bis 2005 als das Werk eines unbekannten Meisters, konnte jedoch nach dem Auftauchen einer vergleichbaren Arbeit auf dem Kunstmarkt als von Piat-Joseph Sauvage stammend identifiziert werden. Es existieren heute ähnliche Bildnisse des Konsuls Bonaparte aus seiner Hand im Schloß von Malmaison, im Musée Marmottan und im Musée Carnavalet in Paris.

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