M+M. Fan der Menschheit

M+M. Fan der Menschheit

Vorwort zum Katalaog M+M. Fan der Menschheit, Kunstsammlungen Chemnitz 2019 „Fan der Menschheit“ oder, wie es im Englischen noch eingängiger heißt, „Fan of Man“ ist der Titel der Ausstellung des Künstlerduos M+M in den Kunstsammlungen Chemnitz. Der Titel ist ein Zitat: In der aktueller Zweikanal-Videoarbeit des Duos, Der 8. Tag, bekennen sich Teufel und Gott gleichzeitig dazu, ein solcher Fan zu sein. Es ist also auch der Teufel, der sich zum Freund der Menschen erklärt („Ich bin Humanist, vielleicht der letzte Humanist“). Denn er weiß die Schwäche der Menschen auf seiner Seite, aufseiten von Zerstörung und Vernichtung,

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Lichtsplitter. David Schnells Glasmalerei im Kontext moderner und zeitgenössischer Glaskunst

Lichtsplitter. David Schnells Glasmalerei im Kontext moderner und zeitgenössischer Glaskunst

Licht wurde in der europäischen Kultur seit jeher religiös und metaphysisch überhöht. Die biblische Schöpfungsgeschichte beginnt sogar damit: mit der Erschaffung des Lichts. Zugleich wurde es stets als Voraussetzung für Erkenntnis verstanden, nicht zuletzt im Zeitalter der Aufklärung, als die zentrale Metapher für geistige Erleuchtung durch die Vernunft. Schon seit dem frühen Mittelalter gelten gestaltete Glasfenster daher als wichtiges Medium für die materielle und künstlerische Umsetzung dieser Auffassungen. In Kathedralen, Kirchen, Synagogen, Moscheen oder anderen sakralen Gebäuden verbindet es architektonische Erfordernisse mit spirituellem Gehalt. Frühe und bekannte Beispiele sind die Pariser Sainte-Chapelle oder die Kathedrale von Chartres,

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Tobias Lehner. Vom Versuch zum Irrtum

Tobias Lehner. Vom Versuch zum Irrtum

Tobias Lehner. Vom Versuch zum Irrtum, in: Tobias Lehner. Trial and Error, Ausst.-Kat. Junge Kunst e.V., Wolfsburg 7. April bis 9. Juni  2018 „Das Malen ist ein donnernder Zusammenstoß verschiedener Welten, die in und aus dem Kampfe miteinander die neue Welt zu schaffen bestimmt sind, die das Werk heißt“, schrieb Wassily Kandinsky in einem berühmten und vielzitierten Text von 1913 rückblickend über den Prozess des Malens. Er führt weiter aus: „Jedes Kunstwerk entsteht technisch so, wie der Kosmos entstand – durch Katastrophen, die aus dem chaotischen Gebrüll der Instrumente zum Schluß eine Symphonie bilden, die Sphärenmusik heißt.

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Johanna Terhechte, The Murder – A Tribute to Daisy Armstrong, 2017

Johanna Terhechte, The Murder – A Tribute to Daisy Armstrong, 2017

Johanna Terhechte The Murder – A Tribute to Daisy Armstrong, 2017 SW-Video, 4:45 Min. im Loop Johanna Terhechte studiert seit 2015 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und absolviert ihr Hauptstudium in der Klasse Fotografie im zeitgenössischen Feld bei Peter Piller. Ihre Bewerbung zum HGB-Studienpreis 2017 besteht aus einem Video in Schwarzweiß mit dem Titel The Murder – A Tribute to Daisy Armstrong. In zwölf unterschiedlichen Einstellungen zeigt sie eine Mauer, die ein modernes Haus von der Straße abgrenzt und über die ein abgewickeltes VHS-Videoband herunterhängt, vom leichten Wind zufällig in Bewegung gesetzt. Die Aufnahmen sind

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Interview artfridge

Soeben wurde ein Interview mit mir zur aktuellen Ausstellung Displacements/Entortungen und meiner Arbeit als Kurator in Leipzig auf artfridge veröffentlicht. Danke, Anna-Lena Werner!

David Schnell, Vert, Ausstellung in der Galerie Eigen + Art, Berlin, 7.9.-4.11.2017

David Schnell, Vert, Ausstellung in der Galerie Eigen + Art, Berlin, 7.9.-4.11.2017

„Vert“, der Titel der aktuellen Ausstellung, entspringt nicht etwa dem Gebiet des Künstlerisch-Imaginären, als Verweis auf das Grüne in Anspielung auf die Landschaft, das mit dem Interieur von David Schnell favorisierte Sujet. Nein, „vert“ ist ein ganz profaner Ausdruck aus dem Bereich der Extremsportarten: Er bezeichnet die herausfordernden Varianten etwa des Skateboard- oder BMX-Sports auf Half-Pipes, den halbrunden Rampen. Geschwindigkeit, Wagemut, Bewegungen – Assoziationen, die mit „vert“ in Verbindung gebracht werden können, aber die sich nicht unbedingt mit Malerei einstellen, einem eher langsam Medium, das zumeist Ruhe und Kontemplation beim Produzenten ebenso wie beim Rezipienten einfordert. Und

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Versailles et l’Europe. L’appartement monarchique et princier, architecture, décor, cérémonial

Versailles et l’Europe. L’appartement monarchique et princier, architecture, décor, cérémonial

Endlich als Open Access-Publikation online erschienen! Thomas W. Gaehtgens, Markus A. Castor, Frédéric Bussmann, Christophe Henry (Hrsg.): Versailles et l’Europe: L’appartement monarchique et princier, architecture, décor, cérémonial, Heidelberg: arthistoricum.net, 2017 (Passages online, Band 1); ISBN: 978-3-946653-56-1 (PDF); DOI: 10.11588/arthistoricum.234.309.   Der vorliegende Band untersucht den Einfluss eines der brillantesten Repräsentationsleistungen der Frühen Neuzeit auf die europäischen Höfe des 17. und 18. Jahrhunderts. Das Versailler Schloss, ein „Showroom“, der die französischen Luxusgüter über die Grenzen hinaus bekannt und zum begehrten Gut machte, zog die Blicke aller Regenten der Zeit auf sich. Doch wenngleich von Künstlern und Kunsthandwerkern, die

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Famed, Revolte, Galerie ASPN, Leipzig, 22.4.-10.6.2017

Famed, Revolte, Galerie ASPN, Leipzig, 22.4.-10.6.2017

 Famed, vergänglicher Ruhm, vertraute Schönheit, der silberne Stachel glänzt in der Sonne des Kunstbetriebs. Jemand funkt SOS. Helft uns hier raus! Die Sternchen finden wir im Internet, die Revolte als Pose. Das Smartphone ist das Handgeschoss, das die Arabellion anfeuerte und nun hinter den surrealen Praktiken der Situation verschwindet. Wir zündeln, wir bauen auf, wir zerstören, um die Illusion von Einheit und Reinheit, aber auch von Kunst und Künstler im Zentrum der Peripherie zu dekonstruieren. „We have a situation here.“ Aber die wird gegen sich selbst gedreht, subversiv imitiert. Die Agenten der Institutionskritik hüllen sich ein in

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Bastian Muhr. Schwarzbunt, Galerie Jochen Hempel, 22.4.-10.6.2017

Bastian Muhr. Schwarzbunt, Galerie Jochen Hempel, 22.4.-10.6.2017

Bastian Muhr, Schwarzbunt Während seines Arbeitsaufenthaltes am ISCP in New York 2015 fing Bastian Muhr an, Dinge, die er tagsüber in der Stadt wahrgenommen hatte, auf ihre Grundformen zu reduzieren und in Umrissen auf Papier zu zeichnen. Ohne narrative Haltung versammelte er geometrische oder organische Formen, die er in immer neuen Variationen mit Graphit auf das weiße Papier übertrug, jeden Tag mindestens ein, fast einem Tagebuch gleich. Erinnerungen an die konzeptionellen Zeichenserien Hanne Darbovens werden wach, freilich ohne die Strenge ihres zeitlich-mathematischen Ansatzes. In der Art von Piktogrammen entstand so ein Alphabet von Minimalformen als Versuch, seine

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Markus Matthias Krüger – Feldversuche des Unheimlichen

Der Leipziger Künstler Markus Matthias Krüger malt Landschaftsbilder: Ansichten der heimatlichen Gefilde zwischen Äckern und Plattenbauten, Wäldern und Vorortsiedlungen. Seine Gemälde bedienen jedoch keine vorgefertigten Vorstellungen von heimatlichen Landschaften – Heimat wird nicht heimelig, Natur wird nicht natürlich gemalt.  Ihn interessieren nicht die trivialen Erzählungen einer Geborgenheit vorgaukelnden Idylle. Seine Bilder stehen vielmehr in der Tradition der romantischen Landschaftsmalerei. Die Romantiker revolutionierten mit dem Blick auf die eigene Natur, die vor und in ihnen lag, die Landschaftsmalerei im frühen 19. Jahrhundert. Sie transzendierten das Bild der Natur, den Blick auf eine höhere Ordnung gerichtet, die sie in

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